HRB Straußfurt: Planung für mehr Hochwasserschutz vorgestellt

Projekt wird noch in diesem Jahr zur Genehmigung eingereicht

Straußfurt – Am 13. November stellte die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) als Betreiber der Stauanlage zusammen mit den planenden Ingenieurbüros den Vertretern der kommunalen Politik, der Behörden und Interessensverbänden das Vorhaben für den zukunftssicheren und erweiterten Hochwasserschutz am Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Straußfurt vor. Dem folgte eine weitere Informationsrunde am Nachmittag für interessierte Bürger und Bürgerinnen.

Das HRB Straußfurt schützt mit dem aktuell 18,6 Millionen Kubikmeter fassenden Stauraum die Unterlieger der Unstrut in Thüringen und Sachsen-Anhalt, darunter sind die Orte Sömmerda, Artern, Roßleben sowie Laucha und Freyburg. Jüngst konnte durch den Einsatz des Personals und den Einstau beim Weihnachtshochwasser 2023 weiterer Schaden im Unterlauf verhindert werden. Nach über 60 Jahren durchgängigen Betrieb stehen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an, welche mit einer Erweiterung der Speicherkapazitäten des HRB verbunden werden sollen. Dem Vorhaben gingen vertiefte Überprüfungen voraus.

Nationales Hochwasserschutzprogramm

Blick auf das HRB Straußfurt im Teildauerstau, Foto: Steve Bauerschmidt
Blick auf das HRB Straußfurt im Teildauerstau, Foto: Steve Bauerschmidt

Im Rahmen des Nationalen Hochwasserschutzprogramms bindet der Freistaat Thüringen zukunftsorientiert die Stauanlage als einen wesentlichen Baustein für den Hochwasserschutz im Thüringer Becken ein. Zweidrittel aller Hochwasserschutzanlagen des Deichsystems im Freistaat liegen im Thüringer Becken. Infolge des Klimawandels werden erhöhte Bemessungsgrenzen bei den zu erwartenden Zuflüssen (Gera und Unstrut) angesetzt und den Planungen zugrunde gelegt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Vergrößerung des Speichervolumens am HRB Straußfurt um 10 Millionen Kubikmeter auf dann insgesamt 28 Millionen Kubikmeter ein wesentlicher Bestandteil für einen effizienten Hochwasserschutz ist. Davon unbenommen ist die später umzusetzende Variante der Deichsanierung. Das Volumen entspricht dem neunfachen Rauminhalt der Münchner Allianzarena. Das HRB Straußfurt wird dann künftig in einem größeren Maße überregional den Hochwasserscheitel der Unstrut mindern und Schäden minimieren.

Zukunftsorientierte Anpassung für mehr Hochwasserschutz

Das Rückhaltebecken wurde unter der Maßgabe der damals zu erwartenden Spitzenwerte von 400 Kubikmeter in der Sekunde geplant und errichtet. Klimawandel, Veränderungen und Begradigungen des Flusslaufs führen heute zur Verdopplung der Bemessungsgrundlage auf 793 Kubikmeter pro Sekunde. Für die Vergrößerung des Speichervolumens des HRB Straußfurt wurde durch eine Studie im Jahr 2020 die grundsätzliche Machbarkeit bestätigt. Unter den bautechnischen Maßnahmen sind beispielsweise der Ersatzneubau des Abschlussbauwerkes, die Anpassung der Hochwasserentlastungsanlage und der vorhandenen Dammbauwerke. Oberste Prämisse bei allen Planungen hat die durchgängige Funktion der Hochwasserschutzanlage während der Bauphasen.

Planungen für die Instandsetzung und Erweiterung

Abschlussbauwerk am HRB Straußfurt, Foto: Steve Bauerschmidt
Abschlussbauwerk am HRB Straußfurt, Foto: Steve Bauerschmidt

Für einen regelkonformen Hochwasserschutz der Ortslage Henschleben sorgen die im Jahr 2023 errichteten Wellenlenker auf rund 700 Metern entlang des bestehenden Schutzdammes. Im Jahr 2023 konnte ebenfalls bereits die Errichtung des überströmbaren Nebendamms durchgeführt werden. Die Flutung des Hochwasserschutzraumes ohne menschliches Agieren kam bereits bei dem Weihnachtshochwasser 2023 zum Einsatz. Die Genehmigung für die beiden Einzelmaßnahmen wurden im September 2022 erteilt.

Parallel zu den beiden Baumaßnahmen begannen Anfang 2023 die weiteren Planungen für das Generationenprojekt. Von der Instandsetzung sind nahezu alle technischen Anlagen des HRB betroffen. Naturschutzfachliche Belange und die Aufrechterhaltung der Hochwasserschutzfunktion während der gesamten Baumaßnahmen bestimmen maßgeblich den Planungs- und Bauablauf. Beispielsweise wurden Kartierungen der Flora und Fauna vor Ort im Wert von 165.000 Euro im Zeitraum 2023/2024 durchgeführt. Dazu gehörten beispielsweise das Monitoring des Fledermausbestands, im Zuge dessen verschiedenste Fledermausarten am HRB Straußfurt erhoben wurde. Die Verträglichkeitsprüfung zum Vogelschutzgebiet ergaben 350 Bruthabitate mit 51 Vogelarten. Ebenso erfolgte eine Umweltverträglichkeitsstudie, welche mit ihren über 300 Seiten Bestandteil der Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren wird.

Die Objekt-, Tragwerks-, Umweltfach- und EMSR Planungen (Elektrische Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) wurden mit der Entwurfsplanung in den vergangenen zehn Monaten für alle sieben Teilobjekte erarbeitet. Dazu gehören die Anpassung des Hauptdamms, das Schöpfwerk Henschleben II, die Hochwasserentlastungsanlage, die neu zu errichtenden Dämme zum Schutz der Ortschaft Schwerstedt und Straußfurt sowie das Herz- und Steuerstück der Anlage – das Abschlussbauwerk. Die geplante Hochwasserentlastungsanlage wird aktuell an der TU Dresden als Modell aufgebaut, um daran verschiedene Simulationen zur Optimierung zu prüfen.

Im Dezember 2024 werden die umfangreichen Unterlagen für den Beginn des komplexen Planfeststellungsverfahrens bei der genehmigenden Behörde, dem Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) in Weimar, eingereicht. Im Zuge der Auslegung werden dann die Träger öffentlicher Belange und Betroffene im Genehmigungsprozess durch das TLUBN beteiligt. Die TFW strebt den Beginn der notwendigen Maßnahmen Ende 2026 an. Die Maßnahmen werden bei voller Funktionsfähigkeit der Stauanlage nach derzeitiger Planung dann etappenweise bis 2034 umgesetzt.

Hintergrund

Das HRB Straußfurt wurde im Zeitraum 1952 bis 1960 errichtet. Zwischen 1980 und 1988 erfolgten umfangreiche bauliche Veränderungen zur Einrichtung eines Teildauerstaus. Das HRB Straußfurt verfügt über einen gewöhnlichen Hochwasserrückhalteraum von 18,64 Mio. Kubikmetern. Das Absperrbauwerk besteht aus einem circa neun Meter hohen Staudamm mit einer Länge von rund 1850 Meter. Auf etwa halber Länge quert das Gewässer Unstrut den Staudamm in einem Betonbauwerk. Hier werden die dem HRB zufließenden Wassermengen im Hochwasserfall mittels vier Doppelhakenschützen auf einen maximalen Abfluss von bis zu 100 Kubikmeter pro Sekunde begrenzt, um Schäden unterhalb der Stauanlage zu vermeiden. Die darüber hinaus zufließenden Wassermengen werden im Stauraum zurückgehalten. Ist der Stauraum gefüllt, erfolgt eine Entlastung über die 270 Meter lange Hochwasserentlastungsanlage an der linken Dammschulter. Die Wassermengen strömen dann über das luftseitige Dammvorland ab.

Das HRB dämpft abfließende Hochwasserwellen, indem es überschüssige Wassermengen aus den Einzugsgebieten von Unstrut und Gera mit einer Fläche von 2044 Quadratkilometern zwischenspeichert. Bei den Hochwässern 1961, 1981, 1994, 2003 und 2013 mit Zuflüssen von bis zu 280 Kubikmeter pro Sekunde konnten durch den dafür in der Betriebsvorschrift festgelegten Betrieb des HRB Straußfurt die Schäden in und an der Unstrut sowie an Siedlungen und Infrastrukturanlagen auf ein Minimum reduziert werden.

Die Wassermengen werden nach dem Hochwasserereignis wieder kontrolliert an den Unterlauf der Unstrut abgegeben. Die Abgabemengen zur Steuerung im Hochwasserfall legt die Hochwassernachrichtenzentrale im Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz fest.

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